Nächste Woche sind Vorstandswahlen im Volksbildungswerk Obertshausen.

Das Volksbildungswerk mit Volkshochschule und Musikschule erfüllt den ihr von der Stadtverordnetenversammlung übertragenen kulturellen Bildungsauftrag. Auf Wunsch des Parlamentes wurde das VBW, in das die Musikschule 1988 integriert wurde, als e.V. gegründet.

Die für die kulturelle Bildungsarbeit der beiden Schulen aus dem städtischen Haushalt bereitgestellten Mittel wurden über viele Jahre (2000-2010) trotz Lohnsteigerungen der hauptamtlichen Mitarbeiter (Verwaltung und Lehrkräfte) nicht erhöht - de facto eine Zuschusskürzung, da die Kostensteigerungen durch Sparmaßnahmen aufgefangen werden mußten. Laut ver.di sind die Gehälter im öffentlichen Dienst von 2000-2011 um 23% gestiegen (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/lohnentwicklung-verdi-beklagt-luecke-zur-privatwirtschaft/6291592.html).

Nach der Kommunalwahl 2011 hat die damalige Kooperation aus CDU und "Bürger für Obertshausen" den Vertrag mit dem Volksbildungswerk, welcher die Grundlage für die Zuschüsse war, gekündigt. Damit (ohne gültigen Vertrag) wurde haushaltstechnisch der Zuschuss an das VBW zur freiwilligen Leistung und somit zum Spielball der herrschenden politischen Kräfte.
http://www.op-online.de/region/obertshausen/musikschule-obertshausen-keine-abstriche-angebot-2590679.html
Jedes Jahr seit 2012 wurde im Haushaltskonsolidierungskonzept die Deckelung bzw. Kürzung der Zuschüsse ans VBW von allen Fraktionen beschlossen - gegen die eine Stimme der FDP, in 2015 gegen die Stimmen von FDP und CDU.
Für das Jahr 2014 wurde der Zuschuss radikal gekürzt - angeblich nur für ein Jahr - und der Verein damit an den Rand des Ruins getrieben. Für 2015 sollte das VBW wieder die bisherige Zuschusszahlung bekommen. Diese "Erhöhung" der Zuschusszahlungen wurde von BfO, SPD und Grünen theatralisch als "ständige Erhöhung der Zuschüsse" dargestellt.

Zur Erinnerung: Das VBW ist organisatorisch ein eingetragener Verein mit einem Vorstand für alle Sparten. In einem e.V. haftet der Vorstand mit seinem Privatvermögen für Defizite. Daher wird der Vorstand bei einer Nichtabdeckung der Ausgaben Insolvenz anmelden – das trifft alle Sparten, auch die Musikschule.
Nach der großen Demonstration der Musikschule vor der geplanten Haushaltssitzung im Dezember 2014 haben die Fraktionen der "neuen Mehrheit" gemerkt, welchen Rückhalt die Musikschule in der Stadt hat und bemühen sich um Schadensbegrenzung.

 

Anbei mal ein "O-Ton" der Legendenbildung um das VBW und einige Kommentare dazu.

Flugblatt BfO zum VBW

Punkt 1 der Legende: seit Jahren wären das VBW und die Musikschule eine freiwillige Leistung, welche von der Genehmigungsbehörde reduziert oder beendet werden kann.
Richtig ist, daß das VBW erst durch die Vertragskündigung 2012 durch den Magistrat (damalige Mehrheit CDU-BfO) in die Rubrik der freiwilligen Leistung katapultiert wurde. In der vorigen Koalition CDU-FDP war Konsens, daß diese Bildungseinrichtung nicht von Kürzungen betroffen ist.

Punkt 2 der Legende sind die sog. Doppelstrukturen, die "Konkurrenz zu den Vereinen". Gemeint sind "die" (einige?) Sportvereine, die sehr gerne das jahrzentelang aufgebaute und gut angenommene Bewegungkursangebot des VBWs bei sich wissen würden. Dabei handelt es sich um Präventionskurse wie z. B. Yoga und Pilates, die derzeit sehr im Trend sind.
Weder Yoga noch Pilates wird als Sportart geführt, daher ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar.
Yoga ist eine indische philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen umfasst. Wer ist denn gerade Deutscher Meister/in im Yoga oder Pilates?
Das sind eben keine Sportarten, auch wenn sie mit körperlichem Training einhergehen. Das VBW bietet dies seit Jahrzehnten an.
Einige lokale Sportvereine würden diese Kurse, da sie gerade sehr nachgefragt sind, auch gerne anbieten und arbeiten hier über die Politik daran, dieses Angebot über das Parlament zu sich zu bekommen. Eine unmögliche Räuberklamotte aus unserer Sicht! Auch das VBW ist ein örtlicher Verein. Das ist Vereinskannibalismus über den städtischen Haushalt!

Und bei näherer Betrachtung ist diese Zündelei auch brandgefährlich auch für die Sportvereine.
Schauen wir uns doch unsere lokale Sportvereinsstruktur an: wir haben 3 Sportvereine mit eigenem Gelände und Investitionszuschüssen und noch viel mehr Vereine, die Zuschüsse für ihre Übungsleiter und durchgeführte Stunden bekommen.
Wenn Sie die Argumentation „Doppelstrukturen eliminieren für den städt. Haushalt“ zulassen, dann haben wir bald zwangsfusionierte Sportvereine, wenn Sie das konsequent weiterdenken.
Wollen Sie eine politische Zuordnung der Sportarten auf den Verein über den städtischen Haushalt über Gewährung oder Nichtgewährung von Zuschüssen? Wer kriegt den Fußball? Wer Handball oder Tischtennis? Wer darf Turnen anbieten? Denken Sie das bitte zu Ende!
Das ist keine Doppelstruktur, sondern Vereinsfreiheit: Vielfalt und sportlicher Wettbewerb zum Wohle des Bürgers!

Punkt 3 der Legendenbildung ist die mangelnde Transparenz über Zahlungsströme und defizitäre Bereiche.
Der Magistrat bekommt pro Quartal einen Bericht über die Finanzen des VBW. Der Sport-, Jugend- und Kulturausschuss ist mit 4 Sitzen kooptiert im Vorstand (d. h. 4 Ausschußmitglieder werden in den Vorstand entsendet), bekommt also auch laufend Informationen und kann fragen – wenn man zu den Sitzungen geht. Die "neue Mehrheit" hat sowohl Mitglieder im Magistrat als auch im SJK-Ausschuss und somit alle Möglichkeiten, Einblick zu erhalten – und macht uns hier ein X für ein U vor.
Die defizitären Bereiche sind bekannt: das sind die klassischen Volkshochschulangebote wie z. B. Sprachkurse und auch die Musikschule, die mit festangestellten Kräften arbeitet und keine kostendeckenden Gebühren verlangen kann, weil das die Schüler (Großteil Kinder und Jugendliche, also Familien) finanziell überfordern würde. Die als Doppelstruktur bezeichneten Präventionskurse hingegen tragen sich selbst: die Kurse finden nur statt, wenn sich genügend Teilnehmer angemeldet haben, um die Übungsleiter und den städt. Schließdienst für die Hallen zu bezahlen. Wenn nicht, finden die Kurse nicht statt und es entstehen keine Kosten für Übungsleiter und Schließdienst.
http://www.op-online.de/region/obertshausen/debatte-zuschuss-fuers-volksbildungswerk-obertshausen-4555926.html

Punkt 4: der regelmäßig steigende Zuschuss der Stadt ans VBW.
2000-2010: 245.500 €
2011: 250.000 €
2012: 245.500 €
2013: 298.000 € 
2014: 250.000 €
2015: 268.000 €

Punkt 5: Der Vorstand des VBW verweigert sich seit Jahren einer Reformdiskussion.
Richtig ist, daß der Vorstand mit Stadt und Kreis (erfolglos) Lösungen gesucht hat, um die (defizitären) Pflichtaufgaben und die Musikschule als kulturelles Angebot aus dem Verein in die öffentliche Trägerschaft zurück zu übertragen. Dies scheitert an den ebenfalls defizitären öffentlichen Haushalten und den damit verbundenen Auflagen der Kommunalaufsicht, keine weiteren Stellen zu schaffen (die notwendig wären, um z. B. die Musikschule aufzunehmen).

Es bleibt spannend - die FDP kann nur hoffen, daß diese anerkannte Bildungseinrichtung Obertshausen erhalten bleibt und ein Weg dafür gefunden wird.

Bildung kostet Geld. Kultur kostet auch Geld. Festangestellte Kräfte, die nicht alle halbe Jahre fürchten müssen, ihren Vertrag und somit Einkommen zu verlieren, kosten auch mehr als Honorarkräfte.
Aber das sind die Beschäftigungsverhältnisse, die im politischen Bereich sonst alle fordern, damit auch Künstler und Musiker sich ein Alterseinkommen aufbauen können. Bei der Musikschule Obertshausen findet das statt und das ist gut so und sollte so bleiben!